Eine Woche voll von Gemeinschaft und Stille
Ende Mai fuhr eine Gruppe von 19 Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen für eine Woche nach Frankreich, um dort in das Leben von Taizé einzutauchen. Die Communauté von Taizé (Gemeinschaft von Taizé) ist ein internationaler ökumenischer Männerorden. Bekannt ist die Gemeinschaft vor allem durch die ökumenischen Jugendtreffen, zu denen jährlich tausende Besucherinnen und Besucher vieler Nationalitäten und Konfessionen kommen.
Claudia Ebert von der Seelsorge bei Menschen mit Behinderungen vom Dekanat Stuttgart hatte die Reise initiiert und dadurch Menschen aus unterschiedlichen Schulen, Werkstätten und Lebensbereichen zusammengebracht. Bereits im Februar hatten sich alle bei einem Vortreffen an der Nikolauspflege schon kennengelernt und auf die Reise eingestimmt.
Wir verbrachten eine Woche inmitten vieler anderer Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus der ganzen Welt. Um uns herum hörten wir verschiedene Sprachen, aber auch Gruppen und Klassen aus anderen Teilen Deutschlands waren angereist. Es entstand viel Raum für Begegnungen mit anderen: In der Essenschlange, beim Essen auf den langen Bänken, bei der Chorprobe, beim Arbeitsdienst oder in der Freizeit auf dem Gelände. Stets erfuhren wir viel Offenheit, Freundlichkeit und Rücksichtnahme. Auch dann, als zum Feiertag hin die Zahl der Menschen auf 3500 anstieg.
Dreimal am Tag gehen in Taizé alle in die Kirche. Es ist eine ganz besondere Atmosphäre dort, man sitzt auf dem Boden oder auf kleinen Hockern, im Altarraum funkeln hunderte Kerzen. Im Wechsel von Schweigen und Singen kommt man zur Ruhe. Die Gesänge sind besonders: Die Melodien sind eingängig und die Texte einfach, ein Satz oder zwei Sätze werden immer wieder wiederholt. Wer hätte gedacht, dass wir alle auf schwedisch und holländisch zusammen singen können und es sich so schön anhört?
In der Mehrstimmigkeit bzw. in der Stimmgewalt von 3500 Menschen ein ganz besonderes Hörerlebnis, welches bei vielen von uns nicht nur Gänsehautmomente hervorrief sondern auch Herzensruhe verbreitete.
Auch die 8 Minuten Schweigen bei jeder Andacht wurde uns zum lieb gewonnenen Ritual: Zeit für mich, für meine Gedanken, für Bitten und Dank.
Tag für Tag wuchs unsere Gruppe mehr zusammen, wir unterstützten uns gegenseitig in den unterschiedlichsten Konstellationen, fanden Zeit für Gespräche, lachten viel zusammen. Viel Spaß hatten wir bei den mitgenommenen Kreativangeboten: Wir bauten aus Holz eigene Meditationshocker, bemalten T-Shirts, fertigten Ledersäckchen an, versteckten Schmunzelsteine und zauberten anderen damit ein Lächeln ins Gesicht. In unserem Kreis nahmen wir immer wieder auch die Gedanken und Impulse von Bruder Gedeshi auf. In gemeinsamen Gesprächsrunden für unsere Gruppe schlug er stets eine Brücke von einer Bibelstelle zu einer persönlichen Erfahrung, die er in seiner Heimat Ghana gemacht hat.
Einmal standen wir morgens ganz früh auf, um auf einem nahegelegenen Feld mit Blick auf die Hügel der Umgebung den Sonnenaufgang zu bewundern. Dies wurde gleichzeitig auch ein wunderbares Hörerlebnis, denn sowohl ein Kuckuck als auch der Gesang der Nachtigallen begleiteten das Schauspiel und machten es so zu einem einzigartigen Moment.
Die Woche verging wie im Fluge! Wir haben alle gespürt, wie glücklich es macht, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Jede und jeder ist wichtig und trägt seinen Teil zu dieser Gemeinschaft bei. Bei vielen klingen die Gesänge von Taizé noch immer nach.
Bärbel Wasser
Berufsschulstufe, BHS 1